Sunday, April 12, 2009

Der letzte Schritt...

62. Minute. Verlängerung. Davoser Eishalle. Jenni tankt sich auf der rechten Seite durch. Schiesst. Der Puck liegt für einen Bruchteil einer Sekunde frei. Alle halten den Atem an. Jedem ist klar, dieser Schuss, dieses Tor ist die Entscheidung in diesem Spiel. Dieses Tor beschert uns ein siebtes Spiel. Dieses eine Tor wäre die Erlösung an diesem Abend. Dann kommt Liniger und schiebt diese verfluchte Drecksscheibe ins Tor rein und stürzt die Kurve, den Sektor L, das Festzelt und alle vor den heimischen Geräten in einen kollektiven Jubelschrei, der die Erde erzittern liess. 1:0. 7. Spiel. FERTIG!

Was haben wir gelitten an diesem Abend. 0 zu 0 nach einem Drittel. Nach zwei Dritteln. Nach drei Dritteln. Und es war ja bei Gott kein schlechtes Spiel ohne jegliche Torchancen. Oh nein. All Hahneschiss gabs wieder eine hochkarätige Chance und jedem von uns war bewusst, dass ein einziges Tor alles entscheiden konnte, ja musste. Und dann haut Liniger sie einfach rein. Klassisches Gewühle und einer war halt schneller. Dass dies ausgerechnet ein Emmentaler war, hat in diesem Kontext rein gar nichts zu bedeuten. Dem Tor war eine Grosschance von Ambühl vorausgegangen, worauf sich Jenni den Puck geschnappt hat und loszog, um eben diesen erwähnten Emmentaler mustergültig über den Umweg Berra zu bedienen. Davos wurde mit den eigenen Mitteln geschlagen und das Prinzip „Wie Du mir, so ich Dir“ wurde geradezu lehrbuchmässig umgesetzt.

Neben dem Eis waren die Verhältnisse auch gestern wieder um einiges klarer. Unsere Jungs und Mädels in Davos haben eine Wahnsinnspartie gezeigt. Immer am singen und IMMER lauter wie die Davoser Fans. Einzig zu Beginn des letzten Drittels als Davos eine Druckphase hatte, wurden sie etwas lauter und es stand auch mal einer auf und klatschte. Wirklich traurig und peinlich, wenn man bedenkt, dass HCD Fans gemeinhin als die „besten Fans der Schweiz“ gelten. Ebenfalls bedenken sollte man, dass in diesem Spiel der HCD Meister hätte werden können. Aber lassen wir das und wenden uns dem siebten Spiel zu.

Dem siebten und entscheidenden Spiel in der Finalserie 08/09. Man muss sich das einfach mal auf der Zunge zergehen lassen und es ca. hundertmal laut hinausschreien, bevor man es glauben kann. Morgen ist das Spiel der Spiele. Vor heimischem Publikum können wir Meister werden. Ich sags gerne nochmal. WIR KÖNNEN MORGEN VOR HEIMISCHEM PUBLIKUM MEISTER WERDEN! Ehrlich gesagt bin ich noch nicht annähernd soweit, das zu begreifen. Ich werde es morgen dann im Stadion begreifen. Morgen, wenn der Puck zum ersten Mal die Eisfläche berührt und das erste Drittel angespielt wird. Dann werde ich begreifen, dass ich einerseits zum letzten Mal für diese Saison ein Spiel sehe aber eben auch und vor allem, dass es möglicherweise mit einer Meisterfeier endet.

Morgen, liebe Freunde, morgen muss sowohl vor als auch im Stadion die Hölle losbrechen. Es ist das letzte Finalspiel. Der Showdown. Alles oder nichts. Oder wie es in der Presse gerne genannt wird

„La Finalissima“

Morgen muss der Schluefweg nicht brennen, nein...morgen muss er schmelzen. Das Publikum muss morgen aber mal sowas von unglaublich abgehen. Ich will den Schlachtschrei VOM GANZEN STADION HÖREN! Ich will, dass die Echos von allen drei Seiten auf die Stehplätze zurückgeschleudert werden. Ich will, dass die ganze verdammte Halle 60 Minuten lang steht. Ich will, dass man die Blau-Gelben nicht ein einziges Mal auch nur piepsen hört.

CUT

„Jetzt sollten Sie hier in der Halle sein, es ist mittlerweile dermassen laut, dass man sein eigenes Wort nicht mehr versteht. Alles steht. Alles klatscht. Es sind noch genau 2 Minuten zu spielen und Kloten darf im Davoser Drittel anspielen. Brown steht am Bullypunkt gegen Reto Von Arx. Brown gewinnt das Bully und der Puck kommt zu Hamr. Der zieht direkt ab. Vor dem Tor steht Lindemann, der noch gefährlich abfälschen kann...“

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Kloten hat sich in diesen Playoffs stetig gesteigert. Erst waren wir die Aussenseiter gegen Genf. Keiner, aber auch gar keiner hat auch nur einen Pfifferling auf uns gewettet, obwohl wir die Quali auf dem 3. Platz abschliessen konnten. Genf wurde regelrecht zerstört. 4:0

Im Halbfinal wartete ein Zug auf uns, das soeben Bern ausgeschaltet hatte. Zug, der Riesentöter. Der Favoritenfresser. Eine ganze Region war völlig euphorisiert und bereit, den zweiten Grossen zu Fall zu bringen. Kloten zerzauste Zug mit Tempohockey. 4:0

Im Final wartete dann der HC Davos. 1. Spiel. Umstrittenes entscheidendes Tor mit dem Schlittschuh von Fredy Rothen, welcher pünktlich auf den Final hin ins Team zurückkehrte. Zweites Spiel in Davos, diesmal mit dem glücklicheren Ende für die Blau-Gelben. Drittes Spiel in Kloten, Auswärtssieg für Davos. Viertes Spiel in Davos, Auswärtssieg für Kloten. Fünftes Spiel, wieder ein Auswärtssieg für Davos. Und dann dieses sechste Spiel. Dieser Druck. Wir standen mit dem Rücken zur Wand und das Messer hatte unsere Kehlen bereits schon angeritzt. Und doch schafften wir es, dem allem standzuhalten und zu gewinnen. Alle gemeinsam. Zusammen. Gegen jede Regel. Als eine einzige Einheit. Und das ist es, was uns ausmacht.

Und das ist es auch, was sich jeder klarmachen muss, der morgen nach Kloten fährt. Morgen braucht es eine Einheit. Eine verschworene Einheit auf den Rängen, in den Katakomben und auf dem Eis. Es braucht ein Team. Nicht nur bestehend aus 23 Spielern. Sondern bestehend aus 23 Spielern, einer grossen Anzahl von Staff und aus ungefähr 7000 fanatischen Kloten-Fans in der Halle. Wenn ihr morgen den Schluefweg das letzte Mal diese Saison betretet, dann werdet Euch bewusst, was passieren kann. Es ist möglich, das wir alle morgen gesenkten Hauptes das Stadion verlassen und mit einem Blick in die rechte Stehplatzecke feiernde und singende Davoser sehen. Das ist möglich.

CUT

„30 Sekunden noch zu spielen. Die Spannung in der Halle kann man beinahe greifen. Es dauert jetzt nur noch wenige Sekunden bis zur Verlängerung. Kloten weiterhin mit einem letzten Kraftakt in der Offensive. Jenni an der blauen Linie, tankt sich durch gegen Forster und lässt sich hinter das Tor drängen. Zweikampf mit Rizzi. Immer noch Jenni an der Scheibe, Gewusel jetzt da in der Ecke, Forster und Liniger gehen ebenfalls dazwischen. Der Schiri müsste jetzt jeden Moment pfeiffen...und da befreit sich Jenni, er hat den Puck ausgegraben und zieht halblinks aufs Tor...“

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Stellt es Euch vor, wie es morgen sein wird. Aber stellt es euch nur kurz vor, nicht zu lange. Geniesst den Augenblick. Stellt es euch vor, ins Stadion zu laufen und zu wissen, wir sind noch genau einen Sieg vom Titel entfernt. Ein kleiner Sieg und die Halle – nein – die ganze Stadt steht Kopf. Ein Sieg. Dieser eine Sieg. Wisset aber auch, dass dies die mit Abstand  schwerste Aufgabe wird, die Kloten in den letzten 13 Jahren bewältigen musste.

Absoluter Siegeswille. Die Mannschaft, die mehr Siegeswillen zeigt, wird morgen diesen Pokal holen. Und nun frage ich euch...wieviel mehr Siegeswillen kann man zeigen als in extremis im 6. Spiel mit dem Messer am Hals 60 Minuten ohne Tor durchzuhalten und nachher in der Verlängerung den Siegtreffer zu erzielen? Wieviel mehr Siegeswillen kann man zeigen, als mit 5 oder 6 Cars nach Davos zu fahren und die gegnerischen Fans mal für mal an die Wand zu singen? Wieviel mehr Siegeswillen kann man noch haben, als eine Stimmung ins eigene Stadion zu zaubern, die von den Medien als FANATISCH bezeichnet wird? Wieviel mehr Siegeswillen kann man denn noch haben, wenn man auf den ersten Titel seit 13 Jahren zusteuert?

CUT

„Schuss! Der Puck geht in die Fanghand von Berra. In extremis musste der Davoser Torhüter gegen Jenni retten. Es gibt noch ein letztes Bully vor Reto Berra, bevor auch das letzte Drittel vorüber ist und die Verlängerung die Entscheidung bringen soll. Brown gegen Von Arx. Brown gewinnt das Bully und spielt den Puck nach hinten, Du Bois zieht ab und VOR DEM TOR STEHT RINTANEN! RINTANEN SCHIESST, UND....“

CUT

Und jetzt stellt ihr euch vor, was PASSIEREN würde, wenn Kloten morgen tatsächlich gewinnt.

Das Spiel wartet. Der letzte Schritt.

 

Gehen wir ihn zusammen.