Friday, March 17, 2006

Bern - Kloten oder wenn aus einem 4:0 ein Debakel wird...

Ach ja, was haben wir uns gefreut, als vor gut zwei Wochen klar war, das wir gegen die Berner in den Playoffs spielen dürfen. Bern, unser ultimativer Hass-Gegner. Seit gut 4 Jahren kein Auswärtsspiel mehr gewonnen, zuhause immer Mühe und keiner, aber wirklich keiner hat uns auch nur einen Sieg gegen diese Startruppe zugetraut. Das erste Spiel ging erwartungsgemäss an die Berner mit 3:0, alle „Experten“ sahen sich bereits bestätigt und begannen bereits mit der Planung der Halbfinalgegner für Bern. Tja, nur haben all die „Experten“ die Rechnung ohne Kloten gemacht. Im zweiten Spiel konnte man mit dem 1:2 und dem Tor in der Verlängerung von Lemm auf 1:1 ausgleichen, die Medien tobten. Samstag, Bern-Arena, 3:6 für Kloten. Erste Negativstimmen wurden laut gegenüber Suhonen und seiner „Finnisierung“. Viertes Spiel im Schluefweg, zwei Berner auf der Strafbank 2 Minuten vor Schluss, Schuss Guignard 3:2 für Kloten und 3:1 in der Serie.
Ich bin wohl nicht alleine, wenn ich sage, dass ich das alles noch nicht richtig glauben kann. Die Erlebnisse der letzten drei Saisons waren einfach zu negativ, als dass man sich so richtig über dieses 3:1 in der Serie freuen konnte. Keiner konnte wirklich realisieren und glauben, was man da sah. Das kleine Kloten, das über eine Niederlage in die Playoffs gerutscht war, tanzte dem Berner Bären, seines Zeichens Qualifikationssieger, auf der Nase herum. All die „4:0 – Experten“ und „Eldebrink muss weg“-Journalisten wussten plötzlich nichts mehr zu sagen und mussten neidlos anerkennen, dass Kloten wohl doch etwas stärker war, als alle erwartet hatten. 3:1 in der Serie, man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen. Eine absolut verkorkste Saison im Rücken, mit Glück in die Playoffs geflogen und dann sowas. Ich war froh, dass wir überhaupt einmal gegen Bern gewinnen konnten, jetzt haben wir DREIMAL in Serie gegen Bern gewonnen. Einmal davon auswärts. Unglaublich, was da abgeht.

Und mit der Möglichkeit, den Sack zum 4:1 zuzumachen, reisten die Klotener mit Ihren Anhängern gestern nach Bern. Irgendwie war man etwas zweigeteilt. Man wollte daran glauben, dass Kloten es tatsächlich schaffen könnte, in der Serie zum Zweiten Mal auswärts zu gewinnen aber ich bin ehrlich. Irgendwie hatte ich schon so eine Vorahnung, wie dieses Spiel ausgehen würde. Klare Niederlage, keine Chance und ein befreit und überragend spielendes Bern, das eine heftige Reaktion zeigen würde. Doch ganz so kam es nicht, eigentlich kam es überhaupt nicht so. Man sah ein starkes Kloten, das (zu) viele Chancen im ersten Drittel ausliess (Jenni alleine vor Bührer nach ca. 3 Minuten) und ein Bern, das weiterhin verunsichert spielte und durch dumme Strafen auf Klotener Seite zu zwei Toren kam. Nach dem ersten Drittel blieb ein äusserst schaler Nachgeschmack auf Klotener Seite, eigentlich das Drittel dominiert, Bern wieder an die Wand gespielt aber halt keine Tore gemacht und sie im Gegenzug halt kassiert. So läufts. Oder es läuft eben nicht und bekanntlich läuft dann auch gleich alles andere auch noch gegen Dich. Und genau so war es dann auch.

Im zweiten Drittel wurden viele individuelle Fehler produziert, unnötige Fehlpässe gemacht und noch viele andere, teils haarsträubende Aktionen aufs Eis „gezaubert“, so dass das 3:0 dann nur noch logische Konsequenz war. Wieder im Powerplay und wieder auf eine absolut unsinnige Strafe (Danke Reiber!) hin. Bern war noch immer nicht wirklich besser...

Das letzte Drittel war dann so langweilig, wie die Spiele gegen La-Chotz-de-Fotz vor einigen Jahren. Brunz-Hockey vom feinsten, keiner machte mehr was fürs Spiel und naja, das war auch gut so für Kloten. Bern hat sich zurückgezogen und keinen Schritt mehr getan, fast hätte es nach 5 Minuten noch ein Tor für Kloten gegeben, das kam aber nicht und so schlief die Partie vollständig ein. Man hätte gut nach 12 Minuten abbrechen können. Kloten war dann aber plötzlich defensiv wieder relativ gut bei der Sache und hatte die letzten 6-7 Minuten eigentlich ganz gut im Griff, Offensiv wurden keine Aktionen mehr gestartet, es ist wohl beiden klar, das am Samstag die Serie entschieden wird. Entweder Kloten gewinnt und ist im Halbfinal oder es kommt zum 7. Spiel in Bern und dann gewinnt Bern.

Nach dem Spiel wurde mir einiges klar. Die Berner-Spieler feierten nicht. Sie wussten exakt genau, dass sie auch dieses Spiel eigentlich nicht wirklich dominieren konnten. Sie wussten es ganz genau, dass sie hier einfach nur Glück hatten, mehr Powerplay spielen konnten und deswegen gewonnen haben. Und das macht mich extrem zuversichtlich für morgen.

Kloten wird morgen kommen wie die Feuerwehr. So, wie ich das eigentlich von Bern erwartet habe gestern (was aber nicht eingetreten ist). Sie wissen, das sie eigentlich nur noch gewinnen können. Entweder man schafft die Halbfinal Quali oder man muss ins 7. Spiel, und wenn man da halt verliert, dann verliert man halt. Daraus ergeben sich folgende Zielsetzungen für die jeweiligen Mannschaften:

Kloten KANN gewinnen und kann weiterhin ohne Druck aufspielen, Bern kann höchstens ausgleichen in der Serie. Kloten hat seine Saisonziele längst erreicht und alles, was bis jetzt gespielt wurde und noch kommen wird, ist reine Zugabe & Zuckerguss.

Bern MUSS gewinnen. Tun sie dies nicht, fahren sie eine der peinlichsten Blamagen in der Vereinsgeschichte ein und dieses Ausscheiden hätte wohl einen ganzen Rattenschwanz an „Reaktionen“ zur Folge. Für Bern wäre ein Ausscheiden eine Katastrophe.

Bern weiss, dass sie mit einem Spiel wie gestern nicht weit kommen werden in Kloten und deswegen sind sie nervös. Klar sind sie auf 3:2 rangekommen, aber eben nur auf 3:2 und nicht auf 3:3. Wir haben jetzt den Heimvorteil und können alles für uns spielen lassen. Wir haben’s in der eigenen Hand und können morgen im Schluefweg einen der schönsten, sensationellsten und historischsten Hockey-Momente für uns Klotener erleben.

„...Beginn der letzten zwei Spielminuten...“ lautete die letzte Durchsage des Speakers an diesem Abend. Das ganze Stadion steht kopf, die Sitzplätze stehen schon seit 5 Minuten ununterbrochen und schreien sich die Lunge aus dem Leib. Ein unheimlicher Chor aus 7000 Stimmen, jung und alt, lässt den Schluefweg erbeben. Man versteht den Fan neben sich nicht mehr, so laut ist der Gesang in der Halle. Die Stehplätze geben nochmal alles, die Trommeln wummern in Ihrem tiefsten Bass und der Capo hat sich mittlerweile auch umgedreht und schaut gebannt aufs Eisfeld. Etwas anderes hätte auch keinen Sinn mehr. Die Stimmung hat sich vor gut fünf Minuten verselbständigt, als die Sitzplätzler spontan aufgestanden sind und in die Gesänge der Stehplatz-Fans eingestimmt haben.

„Let’s Go Chlootä, Let’s Go…”

Noch eine Minute zu spielen, die ersten im Stadion beginnen zu begreifen, was gleich passieren wird. Kloten, das kleine unscheinbare Kloten holt das übermächtig scheinende Bern vom Thron und stösst es aus den Playoffs hinaus. Unglaublich...die Gesänge werden lauter und lauter, obwohl das niemand für möglich gehalten hätte, das es überhaupt noch lauter werden kann. Die Mannschaft auf dem Eis wird förmlich getragen von dieser Welle der Anfeuerungsrufe. Noch 30 Sekunden, Kloten führt noch immer und die Fans beginnen zu tanzen. Wildfremde Leute werden umarmt und jeder Kloten-Fan in diesem Stadion ist am Mitsingen und Klatschen. Eine solche Stimmung, wie sie in den letzten 20 Sekunden herrscht, hat es seit den Meistertiteln Anfangs der 90er in diesem Stadion nicht mehr gegeben. Nicht mal, als man den ZSC im Viertelfinal aus den Playoffs gekippt hat. Das ist etwas ganz anderes. Kloten konnte endlich den Playout Rucksack ablegen, den ganzen Druck in die Tonne treten und sich endgültig davon befreien. Noch 10 Sekunden. Kloten konnte endlich so spielen, wie sie es die ganze Saison hatten tun wollen, es aber aufgrund des Druckes nicht konnten. Kloten hatte eigentlich keine Chance, diese wollten sie aber nutzen. Um jeden Preis.

„5...4...3...“

Und jetzt sind wir am Ziel. Mit Erreichen der 60:00 auf der Matchuhr geht ein kollektiver Jubelschrei durch den Schluefweg. Die Menschen umarmen sich, hüpfen und schreien sich einfach den ganzen Frust der letzten drei Saisons von der Seele. Ungläubig starren andere aufs Eis, zitternde Hände und Freudentränen in den Augen und können nicht fassen was gerade geschehen ist. Bern ist raus, Kloten ist im Halbfinal.

SonntagsBlick, 19.03.2006
„...die Stimmung war unglaublich, Kloten hatte heute mindestens 7000 Spieler mehr auf dem Eis als Bern...“


Man sieht sich im Schluefweg. Auf geht’s Kloten, lasst uns Geschichte schreiben!